Schon aus einiger Entfernung hört man Babygeschrei aus einem Klassenzimmer im grünen Flügel der integrierten Gesamtschule Edertal (IGS). Dort sitzen neun Schülerinnen gemeinsam in einem Stuhlkreis, einige halten Babys auf dem Arm. Gerade sind die RealCare Babys geboren. Nun sind die frisch gebackenen Pflegemütter gleich gefordert, denn zwei der Babys beginnen sofort zu schreien und die anderen müssen angezogen und gefüttert werden.
Das Babyprojekt des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF) aus Kassel ist seit acht Jahren ein fester Bestandteil des Jahresplans der IGS. In der neunten und zehnten Klasse können Schülerinnen und Schüler ab vierzehn Jahren an diesem Projekt teilnehmen.
Lehrerin Angelika Berges begleitet das Projekt, bei dem der Fokus auf der Lebenswirklichkeit und den Zukunftsplänen der teilnehmenden Jugendlichen liegt. „Die Jugendlichen müssen sich mit den Real-Care-Babys auseinandersetzen und auf ihre Bedürfnisse eingehen“, fügt Lehrerin Angelika Berges an, „damit sie erahnen können, was vielleicht einmal als Eltern auf sie zukommt.
Von links nach rechts: Lisa-Marie Mansfeld, Annika Meibert, Celina Hofman, Florentine Blume, Lisa Holland-Moritz, Christina Mustafina, Delia Hertting, Leonie Hankel, Kaya Eilert und Sozialpädagogin Vanessa Smolka
Die RealCare Babys sind 53 cm groß und wiegen 3500g. Wie jedes Baby müssen sie gefüttert und gewickelt werden, aufstoßen, im Arm gewiegt und die Kleidung muss gewechselt werden. Auf grobe Behandlung, falsche Lage, fehlende Kopfunterstützung sowie falsche oder fehlende Versorgung reagieren sie mit Schreien. Ein kleiner Computer, der im Inneren des Babys versteckt ist, zeichnet alle Details der Versorgung oder schlechter Behandlung auf. Das RealCare Baby gibt es in beiden Geschlechtern und um der ethnischen Vielfalt unserer Welt gerecht zu werden, wird es von der amerikanischen Herstellerfirma in verschiedenen Hautfarben angeboten.
Zur Vorbereitung des Projekts setzen sich die Schülerinnen und Schüler mithilfe von Sozialpädagogin und Schwangerenberaterin Vanessa Smolka vom SKF zunächst mit den Themen Schwangerschaft, Elternschaft, Lebensplanung und Verantwortung auseinander.
Im Anschluss daran folgt die Praxis mit dem Babysimulator. Während dieser Zeit erleben die Jugendlichen, wie sich ihr eigener Alltag mit einem Baby verändern würde. Drei Tage übernehmen die Schülerinnen die Betreuung des Babys eingebettet in ihren persönlichen Tagesablauf. Dies bedeutet für Schülerinnen und Schüler konkret, dass die Babysimulatoren für den Zeitraum des Projekts bei ihnen wohnen, somit wird auch die eigene Familie mit in das Projekt einbezogen. Die gewohnten Zeiten von Ruhe und Entspannung sind für die Jugendlichen für drei Tage vorbei. Auf ihrem Tagesplan steht stattdessen füttern und Windeln wechseln.
Zum Abschluss des Projektes findet eine gemeinsame Auswertung der RealCare Babys statt. Lehrerin Angelika Berges und Sozialpädagogin Vanessa Smolka loben die Schülerinnen, alle hätten ihr Bestes gegeben und sich sehr liebevoll um ihre Babys gekümmert.